Mit nacktem Fuß und skeptischem Blick lässt Heike Schmidt die Behandlung über sich ergehen. Juung Hee Shin setzt ein weißes Gerät, etwa so groß wie eine Taschenlampe, immer wieder an den großen Zeh und andere Stellen. So richtig entspannt wirkt die Dörverdenerin nicht, als die vier Spitzen des Akupunktur-Stimulators ihre Haut berühren. Ionenenergie, Magnetwellen, Infrarot – das alles soll ihrem schmerzenden Großgrundgelenk helfen? Nach zwei OPs? Heike Schmidt weiß nicht so recht. Doch hinterher pulsiert ihr Zeh. „Man merkt, dass die Energie fließt“, sagt sie. Kaufen will sie das Akupunkturgerät zur Selbstanwendung aber nicht. Da muss sie noch drüber nachdenken.
Sie und ihre Freundin Gudrun Hesse gehören zu den zigtausenden Besuchern, die am Sonnabend über das Messe-Gelände und durch die Zelthallen schlendern. Blumenzwiebeln von Zierlauch, Grillzangen und klebefreier Pflasterverband liegen schon in ihren Taschen, jetzt wollen sie zu Mittag essen und später aufs Tierschaugelände.
Praktisches, Kurioses und Kultiges – ein Gang über die Tarmstedter Ausstellung ist wie ein Taumel durch die bunte Warenwelt. Zelthallen und ein großes Messegelände laden zur Erkundung ein – da braucht man locker ein paar Stunden, ein gutes Schuhwerk und einen Regenschirm. Zugleich kann sich der Messebesucher nahezu allerorten mit Stärkung versorgen, ob mit Bratwurst, Frühlingsrollen, ob mit Käsespezialitäten oder Pizza, ob mit Eis oder Torte. Gastronomie gibt es auf den Marktplätzen und in den Hallen, unter anderem im neuen Genusszelt.
Zwischen Tradition und neuen Trends
Neben Kulinarischem kann man wahre Wunder erleben: Wunder unter den Staubsaugern, unter den Schnibbelmaschinen, unter den Pfannen oder den Wischlappen. Aussteller preisen ihre Weltneuheiten an, das Thema „Gesundheit“ und Körper ist in allen Formen im Angebot: Massagegeräte, Fußbäder, Kapseln oder Nahrungsergänzungsmittel.
Heinz-Joy Gilka schwört auf sein Kartoffel-Balsam und seine Gesäß-Salbe, „für Radfahrer und bei Hämorrhoiden“. Für einen biegsamen Epilierstab für Härchen im Gesicht, als sanfte Alternative zur Haarentfernung per Laser, schnell und wirkungsvoll, kein Zupfen mit Pinzette, kein Wachsen, dafür werben Susanne Tomaschewski und Matthias Altenhofer an ihrem Stand. „Der Damenbart ist ein Tabuthema“, ist sich Susanne Tomaschewski sicher. „Die Frauen sind überall rasiert, aber über die Haare im Gesicht redet man nicht“.
Da spricht ein Profi. Auf der Messe zeigen noch andere Profis ihr Können. Bügelprofis, Küchenprofis, Pflanzenprofis und natürlich die Verkaufsprofis. Hinter denen verbergen sich zuweilen große Show-Talente. Sie füllen ihre Mixgefäße, schneiden, säbeln, putzen und reden, reden, reden. Die besten unter ihnen versammeln Menschentrauben vor sich. Kunsthandwerk, Whirlpools mit Dutzenden von Düsen, Mode und Fertigsuppen – es gibt nichts, was die Messe nicht hat.
Bundeswehr ist mit schwerem Gerät angerückt
Viele Besucher nutzen den Besuch, um im Riesenrad einen weiten Blick auf das Messe-Gelände und die Landschaft zu werfen. Mehr als 750 Aussteller präsentieren neben der traditionellen Agrarmesse und den beeindruckenden Tierschauen ihre Angebote für Haus, Garten, Freizeit und Genuss: Die Palette reicht von der Gartendekoration und Pflanzen, vom Strandkorb, der Gartenbank bis hin zum Wintergarten.
Für ein Hochbeet interessiert sich Gaby Mangels aus dem Kreis Cuxhaven. Kräuter, Salate, Radieschen, Möhren – das alles würde sie gerne auf ihrem Stück Rasen hinterm Haus anbauen, ohne auf dem Boden herumkriechen und sich um die Schnecken sorgen zu müssen. In Tarmstedt betreibt sie dafür eine Art Produkt-Spionage. Denn kaufen will sie das Hochbeet nicht. „Mein Mann wird es wohl selbst bauen.“
Nicht weit entfernt sind die neusten Automodelle zu sehen, Camper und Pkw- und Pferdeanhänger, Arbeitsmaschinen und Werkzeuge. Die Kinder freuen sich über Attraktionen, Spielzeugstände und die Lauenburger Puppenbühne mit ihrem kostenfreien Programm. Und für ein farbenprächtiges Bild mit vielen Eindrücken sorgen auch Organisationen und Verbände, die die Messe ebenfalls als Plattform nutzen. So informieren etwa Touristiker, Dorfhelferinnen, Landfrauen, die evangelische Kirche und die Tafeln. Mit schwerem Gerät ist die Bundeswehr angerückt. Ein Teleskopstapler mit einer Hubkraft von vier Tonnen, ein Lastnetz für bis zu 2500 Kilo, ein Fallschirm und ein Panzerspähwagen ziehen die Blicke auf sich.
Bis Montag präsentieren sich mehr als 750 Aussteller. Hinzu kommt ein Rahmenprogramm mit Vorträgen und Shows auf dem Tierzuchtgelände. Öffnungszeiten: von 9 bis 18 Uhr, der Marktplatz bis 23 Uhr.